Mit dem Zug nach Moskau - oder lieber nicht?

Nighttrain Europe Map Nachtzüge Europa Karte
Nachtzüge in Europa - Quelle Wikipedia

Wie ihr hier und da lesen könnt, waren wir über Silvester 2019/2020 acht Tage in Sankt Petersburg und Moskau. Ursprung dieser Idee war eine gemeinsame Nachtzugfahrt. Das Ziel der Reise war anfangs zweitrangig, aber die Recherchen über das Winter-/weihnachtsparadies Moskau verstärkten die Intention, das Neujahrsfest in Moskau zu verbringen.

Praktischerweise gibt es gleich zwei direkte Verbindungen von Deutschland nach Moskau. Es handelt sich dabei um den Transeuropazug Paris – Moskau, sowie den "Strizh" (dt. Mauersegler), welcher in Berlin startet und ganze vier Stunden schneller ist als der zuvor genannte. Das liegt vor allem an der modernen Zugtechnik, denn der Strizh nutzt ein spurwechselfähigen Radsatz und muss daher nicht aufwendig von Normal auf Breitspur umgerüstet werden.

 

Egal welchen Zug man von Berlin aus wählt, es ist ein Transitvisum für Weißrussland notwendig. Laut der Moskauer Deutsche Zeitung haben Weißrussland und Russland ein Abkommen unterzeichnet, welches das gegenseitige Visum anerkennt. Bedeutet, dass nur noch ein Visum für beide Länder notwendig ist. Problem: Bis Anfang 2020 wurde das Ende 2018 unterzeichnete Abkommen nicht umgesetzt. Weiterhin kann man Weißrussland seit Juli 2018 bis zu 30 Tage visafrei besuchen, vorausgesetzt man nutzt den Grenzübergang am Minsker Flughafen. Für Freunde von Zugreisen hat die weißrussische Botschaft auf ihrer Internetseite eine passende Antwort parat:

"30 Tage ohne Visum ist eine begrüßenswerte Veränderung. Kann in absehbarer Zeit auch die Einreise mit dem Zug erfolgen?
Antwort: Solche Pläne gibt es nicht."

 

Das viel größere Problem aus dem Abkommen der beiden Länder ist: Es gibt keinen offiziellen Grenzübergang mehr zwischen Weißrussland und Russland. Ausländer dürfen aber nur über offizielle Grenzübergänge nach Russland einreisen. Somit wäre die Nutzung der Zugverbindung über Weißrussland eine illegale Einreise. Laut russischen Verkehrsministerium sollen die Zugverbindungen zwar ausgenommen sein, aber man findet im Internet auch Berichte von Zurückweisungen. Ich muss zugeben, dass es wenige Berichte sind. Die sind vor allem im Zeitraum der Fußball WM in Russland entstanden. Allerdings konnte ich auch keine aktuellen Berichte über die Zugreise von Berlin nach Moskau finden (aktuell = ende 2019). Große Zeitungen berichteten über den Strizh Schnellzug, Reiseblogs feiern das gemütliche Reisen und selbst die Deutsche Bahn wirbt für den Zug, aber Informationen zur Einreiseproblematik finden sich dort nicht.

 

Diese lassen sich aber auf den Botschaftsseiten, sowie der Seite des Auswärtigen Amtes finden. Das zuletzt genannte schreibt auf seiner Seite:

"Im Reiseverkehr ist es an der Grenze zur Russischen Föderation seit Herbst 2016 zu Zurückweisungen von Reisenden aus Drittstaaten gekommen, da die dortigen Grenzübergänge rechtlich nur für die Nutzung von russischen und belarussischen Staatsangehörigen zugelassen sind. Dies hat auch Auswirkungen auf Flug- und Bahnreisen über Belarus in die Russische Föderation und umgekehrt.
Die Nutzung des Fernzugverkehrs (Strecke Berlin-Moskau) ist nach Mitteilung des Russischen Verkehrsministeriums möglich, sofern die Reisenden im Besitz von gültigen Visa für die Russische Föderation und die Republik Belarus sind. Dennoch wurde auch hier in Einzelfällen deutschen Staatsangehörigen ein illegaler Grenzübertritt vorgeworfen.
Um Zurückweisungen und mögliche Bußgelder an den russischen Grenzstellen zu vermeiden, sollte die Einreise nicht auf dem Landweg über Belarus in die Russische Föderation und umgekehrt erfolgen."

Auch das russische Konsulat in Leipzig warnt auf seiner Seite vor einem Grenzübertritt:

 

Die Benutzung der für den Straßen- sowie Schienenverkehr zugelassenen Grenzübergangsstellen zwischen Russland und Weißrussland durch die ausländischen Staatsbürger und Staatenlosen ist ein Verstoß gegen das nach Maßgabe internationaler Rechtsvorschriften festgelegte Verfahren zum Übertreten der Staatsgrenze der Russischen Föderation unabhängig davon, ob ein Visum oder Erlaubnis zur ständigen oder vorübergehenden Wohnsitznahme in Russland oder Weißrussland vorliegt.

 

Weiterhin habe ich eine schriftliche Bestätigung des Konsulates erhalten, mit welcher von einer Einreise per Zug über Weißrussland abgeraten wird. (siehe Foto).

Visum Russland Konsul Leipzig
Antwortschreiben des Vizekonsuls des russischen Konsulats in Leipzig

Alternative Einreisemöglichkeiten

Aus meiner Sicht gibt es zwei Alternativen:

  • 1.)    Einreise per Flugzeug. Ich habe das Gefühl, dass das die gewünschte Einreiseroute für die russischen Behörden ist.
  • 2.)    Alternative Zugrouten

 

Das Kiev ein Besuch wert ist, habe ich bereits hier geschrieben. Wer auf eine Zugeinreise besteht kann Weißrussland umfahren und von Kiev den Direktzug nach Moskau nutzen. Aus Richtung Norden gibt es von Helsinki einen Nachtzug nach Moskau, oder von Tallin über Sankt Petersburg.

 

Wie geht’s weiter?

 

Wie beschrieben gibt’s Alternativen, welche aber viel mehr Zeit beanspruchen wenn man auf eine Zugreise besteht. Dafür könnte man noch viel mehr Länder und Städte entdecken. Russische Bahnagenturen verkaufen immer noch fleißig Karten an Ausländer. Das lässt vermuten, dass es wirklich zu keinen weiteren Zurückweisungen kommt. An dieser Stelle muss jeder selbst einschätzen, ob er das Abenteuer wagt oder nicht.

Unabhängig davon werde ich aber weiter nachbohren. Wie es zum Beispiel sein kann, dass die Deutsche Bahn einen Zug bewirbt, den man als EU-Bürger gar nicht komplett nutzen kann (zumindest rein rechtlich gesehen). Vielleicht lässt sich ja mit etwas öffentlichem Druck eine für alle gültige Entscheidung finden.

 

 

Weiterhin würde ich mich über aktuelle Reiseberichte sehr freuen. Seid ihr selber auf dieser Strecke gereist oder kennt Beiträge? Immer her damit!  Mit dem Zug nach Moskau oder lieber nicht? Was meint ihr?


Kommentare: 0

EL-ROADIE.de - Der alternative Reise- und Fußballblog aus Erfurt.