KKS Lech Poznań 1:0 FK Sarajevo

22.07.2015 / 2. Quali-Runde CL /

Stadion Miejski w Poznaniu

Zuschauer: 22.205

Poznan - Polen

Distanz: 1315 km


Altstadt Poznan Posen
Altstadt von Poznan

Lech Poznan gegen FK Sarajevo, ein Traumlos in der zweiten Qualifikationsrunde zur Champions League. Wobei ich es überhaupt eine Frechheit finde, dass die Meister aus Polen und Bosnien in der zweiten Quali-Runde starten müssen. Hauptsache der viertplatzierte aus Deutschland darf zwei Runden später in der Zwischenrunde einsteigen. Für mich völlig unverständlich!

 

Aber zurück zur heutigen Begegnung. Die heftigen Ausschreitungen vom Hinspiel werfen natürlich einen langen Schatten voraus. In Vogošća, einem Vorort von Sarajevo kam es zum Angriff der Horde Zla auf die Lech Hools, welche bereits einen Tag vor dem Spiel angereist sind. Da die Polizei völlig unvorbereitet war, konnten sich beide Seiten fast 20 Minuten wie wild austoben. Laut einigen veröffentlichten Berichten griff die Horde Zla in Überzahl an, bewaffnet mit Steinen, Latten und angeblich auch Messern. Vermutlich rechneten Sie mit einem baldigen Rückzug der Lech Hools, was aber wohl nicht passierte. Stattdessen gingen die Polen in den Gegenangriff über und setzten den Jungs aus der bosnischen Hauptstadt böse zu. Auch auf dem grünen Rasen konnte Lech ein 2:0 auswärts entführen und war damit klarer Favorit.

 

Nach den Ereignissen vom Hinspiel war relativ schnell klar, dass sowas beim Rückspiel auch nicht ansatzweise passieren wird. Dafür ist die polnische Polizei viel zu gut aufgestellt und lies im Stadionumfeld nicht ansatzweise Adrenalin in die Adern pumpen. Zum Spiel selber fuhren wir über Berlin um dort noch ein paar Freunde einzusacken. Da wir sehr frühzeitig in Posen angekommen waren, besuchten wir noch die ansehnliche Altstadt für eine Pizza und etwas Pivo. Dort hatte man Null-Komma-Nix vom anstehenden Fußballspiel in der Stadt gespürt.

 

Da wir noch eine Karta Kibica beantragen mussten, fuhren wir rechtzeitig zum städtischen Stadion, auch Stadion an der Bułgarska Straße genannt. Nur wenige benutzen den Sponsorennamen "INEA Stadion". Der für die EM 2012 erbaute Fußballtempel liegt im Westen der Stadt und bietet Platz für 42.800 Zuschauer. Knapp 150 Millionen Euro verschlang der Neubau, welcher leider keine besonderen Alleinstellungsmerkmale aufweist, abgesehen von der drei geteilten Hintertortribüne der Lech Ultras.

 

Für rund 15 € erwarben wir eine Eintrittskarte für die Haupttribüne. Wie schon angedeutet war rund um das Stadion Friede Freude Eierkuchen Stimmung. Das lag auf der einen Seite am hohen Polizeiaufgebot, aber auch an fehlenden Gästefans. Denn der Gästeblock war bis kurz vor der ersten Halbzeit verwaist. Das störte die Heimseite nur wenig, denn diese sang sich mit einer brachialen Lautstärke ein. Die krasse Organisation und Führung der Kurve ist immer wieder bemerkenswert, auch wenn ich mir persönlich unter Ultra etwas anderes vorstelle. So tragen bei Poznan z.B. alle Kibice auf dem mittleren Rang blaue Shirts und im Unterrang weiße Shirts. Auch die anderen Fans halten sich Großteils an die Clubfarben und steigen auch mehrfach in die lauten "Hooligans, Lech Poznan Hooligans!" Gesänge ein.

 

Nach etwa 40 Minuten erschienen dann endlich die Gästefans. Eine langwierige Kontrolle an der Grenze von Tschechien zu Polen soll Grund für die Verspätung sein. Im Anhang der Bosnier auch einige Dynamos aus Dresden, welche die Elb-Kaida Fahne im Gepäck hatten. Etwa 300 Gäste dürften sich in der hintersten Ecke des Stadions eingefunden haben. Dieser Tatsache geschuldet, vernahm man natürlich keine akustischen Signale, obwohl die Gäste trotz erneuten Rückstands immer in Bewegung waren. Lobenswert fand ich die Spieler von Sarajevo, welche mit dem Pausenpfiff Richtung Gästeblock liefen und die Fans mittels Applaus begrüßten.

 

Mit Beginn der zweiten Halbzeit zeigte Poznan dann eine Choreographie mit dem Spruchband "Der Posen Stil ist Hooliganismus", daneben das zerstörte Wappen der Horde Zla. Weiterhin kamen blaue Fahnen, weiße Pappschilder und eine große Blockfahne zum Einsatz. Auf dieser war das Wappen der Woiwodschaft Wielkopolska (Großpolen) und der Lech Totenkopf zu sehen. Im weiteren Verlauf machten sich die Lech Fans noch über die Horde Zla lustig, denn einer ihrer Hauptslogans (auf Shirts, in Gesängen) ist "nikog se ne bojimo". Das heißt übersetzt "Wir haben vor niemanden Angst". Auf ein Spruchband schrieb Lech: "nikog se ne bojimo – but sleep 450km away :-)" Eine Anspielung auf den gewählten Übernachtungsort der Horde Zla in Prag.

 

Im weiteren Verlauf gab es nicht mehr so viel zu berichten. Sportlich war das Spiel mit dem frühen 1:0 für Lech entschieden. Die Poznan Ultras legten von der Lautstärke immer noch eins drauf, das war schon bemerkenswert. Auf den Tribünen verzichtete Lech auf Pyro. Der Verein steht schon seit längerem im Blickpunkt der UEFA und man versuchte sicherlich ein Geisterspiel zu verhindern. Nach dem Spiel blieb auch alles ruhig, von versuchten Übergriffen außerhalb Poznans ist mir nichts bekannt, wäre aber für polnische Fanszenen nicht untypisch. Wir machten uns Schnurstracks wieder Richtung Berlin, denn in nur zwei Tagen stand für uns der erste Spieltag auswärts beim 1. FC Magdeburg an. Für Lech ging es in der dritten Runde beim FC Basel weiter.

Bildquelle: uisf.de
Bildquelle: uisf.de

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