Gradski Stadion uz Savu in Slavonski Brod

nk marsonika slavonski brod 1909 logo

NK Marsonia 1909 3:1 NK Slavonija Pozega

19.11.2016 / 3. HNL - Ost / 13. Spieltag /

Gradski Stadion uz Savu

Zuschauer: 300

Slavonski Brod - Kroatien

Distanz: 42 km

slavonija pozega

Slavonski Brod
Festung in Slavonski Brod

Das heutige Spiel galt eher als Notlösung und sorgte im Nachhinein für etwas miese Stimmung meinerseits. Geplant war eigentlich die Begegnung in Bosnien zwischen FK Sloboda Tuzla und HŠK Zrinjski aus Mostar. Auf der einen Seite, dieses wunderschöne alte Stadion in Tuzla und auf der anderen Seite die enorme Rivalität zwischen beiden Fanszenen, welche vor allem durch einen ziemlich heftigen Angriff aus dem Jahr 2009 resultiert. Sloboda Fans waren auf der Rückreise von einem Spiel in Široki Brijeg und mussten durch Mostar. Dort wurde der Bus im kroatisch dominierten Teil der Stadt ziemlich heftig angegriffen, erst mit Steinen und dann mit einem Molotow Cocktail, was zur Folge hatte, dass der Bus völlig ausbrannte. Zum Glück konnten die Insassen rechtzeitig fliehen und schlimmeres konnte verhindert werden. Aber zur Entspannung der Situation zwischen bosnischen Kroaten und Bosniaken hat das ganze sicherlich nicht geführt. Weiterhin ärgerte mich das verpassen dieses Spiels noch der Spielverlauf: Zrjinski ging mit 0:3 in Führung, Tuzla konnte in der zweiten Halbzeit ausgleichen. Dort wurde sicherlich den 3500 Zuschauern etwas geboten. Und ja, beim schreiben dieser Zeilen ärgere ich mich erneut. Warum? Weil ich mich am Vorabend beim Verzehr des liebgewonnenen Pivo Osječko nicht zurückhalten konnte und meinen Wecker gekonnt ignorierte. Somit war nach dem erwachen eine rechtzeitige Anreise ins 150 km entfernte Tuzla nicht mehr gegeben, gerade weil man mit einem deutschen Auto, als junger Mann alleine an der Grenze doch intensiver begutachtet wird. Also schnell geschaut was am heutigen Samstag noch so in Slawonien los ist und ich entschied mich mir Slavonski Brod einmal näher anzuschauen. Wer schon mal von Zagreb nach Belgrad gefahren ist, wird die Stadt zumindest an Schildern des Öfteren gelesen haben, liegt diese direkt an der A3/E70.

Slavonski Brod

 Slavonski Brod – Zweitgrößte Stadt Slawoniens:

 

Von der Aufteilung der Stadt erinnert mich diese etwas an Görlitz mit dem polnischen Teil Zgorzelec. So liegt der kroatische und wirtschaftlich stärkere, sowie schönere Teil nördlich der Save und der zur Republik Srpska gehörende Teil Bosanski Brod auf der Südseite. Während des Kroatien-Krieges musste die Stadt heftige Angriffe einstecken und verlor fast 200 Zivilisten, sowie 500 Soldaten. Im darauffolgenden Bosnien-Krieg musste die Stadt einen enormen Zustrom an Zivilisten verkraften, da vor allem bosnische Kroaten aus dem Norden des Landes nach Slavonski Brod flüchteten. Heute gilt die Stadt als eine der am schnellsten wachsenden Städte Kroatiens und kann mit einer frisch sanierten Fußgängerzone durchaus Gefallen finden. Aber ich muss an der Stelle auch sagen, dass mich diese Entwicklung der Bevölkerungszahlen doch irritierte. Zieht es die Leute im Allgemeinen doch eher weg aus Slawonien und bis auf die bessere Anbindung an die Autobahn hat Slavonski Brod nicht sonderlich mehr zu bieten als Osijek, dass von Bevölkerungszahlen am absteigenden Ast angesiedelt ist. Bevor es zum Stadion ging, konnte ich noch Tvrđava Brod besichtigen, eine riesige Festungsanlage aus dem 17. Jahrhundert, welche lange als Grenzübergang zwischen dem Osmanischen Reich und Österreich-Ungarn diente. Die sternenförmige Anlage macht was her, und Hobbyfotografen können sich hier gut auslassen. Doch zum Fotoexperimentieren blieb bekanntlich nicht viel Zeit und die Uhr schlug schon fast 13:30, also ab zum Gradski Stadion uz Savu (Stadion an der Save).

Slavonski Brod
Save Uferpromenade mit Blick auf den bosnischen Teil der Stadt.

Kommen wir zum sportlichen Teil des Tages. Erneut wurde der Ost-Abteilung der dritten kroatischen Liga ein Besuch abgestattet. Gastgebender Verein war der NK Marsonia 1909. Der Club hieß von 1945 bis 1962 NK Radnički Brod, bevor er 1992 seinen alten Namen Marsonia (= römische Bezeichnung für die Stadt) zurückbekam. Großartige Erfolge konnte der Verein nicht feiern, man stieg zwar 3x in die erste kroatische Liga auf, aber lange halten konnte man sich dort nie und auch in der aktuellen Saison muss man sich erneut mit dem Tabellenmittelfeld der dritten Liga zufriedengeben. Erfolgreicher sind dagegen aber ehemaliger Spieler von Marsonia, denn keine geringeren als Mario Mandžukić (aktuell Juventus Turin) und Ivica Olić (aktuell 1860 München) lernten das kicken bei Marsa. Gehuldigt wird den beiden in Form eines großen Graffitis auf der Rückseite der Haupttribüne. Wenn man sich das Gradski Stadion uz Savu heute so anschaut, möchte man meinen das jegliche Entschädigungszahlungen an die Ausbildungsclubs (u.a. 600.000 DM von Hertha) in irgendwelche Taschen gewandert ist, aber definitiv nicht in die Klubkasse. Denn das Stadion an der Save ist wirklich enorm runtergekommen. Die Stadionmauern weißen noch genügend Einschusslöcher auf, was aber immerhin die Jugend zum freien Eintritt bewegte. Die Sitzplatztribüne ist völlig vermüllt und unter dieser wohnt tatsächlich eine alte Babuschka, welche im Stadiongelände noch ein kleines Gärtchen angelegt hat. Gegenüber dieser Tribüne befindet sich eine 5-reihige Stehplatztribüne, gestreckt über das ganze Spielfeld. Was man zugutehalten muss, dass wirklich nahezu alles in den Vereinsfarben Schwarz-Weiß gehalten ist. Auf der gerade angesprochenen Stehplatztribüne nimmt traditionell die Legija Marsonia Stellung. Zu den Erstliga Zeiten der 90er Jahre konnte die Legija bei den großen Spielen gegen Hajduk oder Dinamo viele hundert Leute auf ihrer Nordtribüne mobilisieren, war doch Fußball die perfekte Abwechslung zu den Konflikten Drumherum. Am heutigen Tag fanden sich auf der Nord allerdings nur noch handgezählte 22 Leute ein, dazu drei Zaunflaggen und einige Böller. Aus den Sympathien zur Ustascha wird mittels einer Crno Legija Fahne kein Geheimnis gemacht. Die Crno Legija (= Schwarze Legion) war eine Eliteeinheit der faschistischen Ustascha. Laut Gesprächen in Osijek hat die Legija in Slawonien nichts zu melden, was ich jetzt mal als Statement unbewertet so stehen lasse. Abgesehen von der Übermacht aus Osijek, dürfte die Gruppe genug Ärger mit einer größeren Sektion Bad Blue Boys haben, welche zumindest mittels Graffitis recht offensiv in der Stadt agieren und auch am Busbahnhof mit Plakaten zu gemeinsamen (internationalen) Auswärtsfahrten aufrufen. Der Gästeblock blieb erwartungsgemäß heute leer. Diesen Block zu nennen wäre auch sehr übertrieben, denn er ähnelt diesen Käfigen aus Polen, nur das mittlerweile einiges an Metall entwendet wurde. Nicht schlimm, denn die Tornados Orljave (Orljave ist ein Fluss in Slawonien) aus Požega waren nicht vor Ort. Ob es die Gruppe überhaupt noch gibt, kann ich leider nicht sagen. Ihre Heimatstadt liegt im westlichen Slawonien und beheimatet etwa 26.000 Einwohner. Die Stadt selber blieb vom Unabhängigkeitskrieg verschont, aber 10km westlich, in Pakrac, fand einer der ersten Auseinandersetzungen des Konfliktes am 1. März 1991 statt. Serbische Paramilitärs übernahmen eine Polizeistation, welche von einer kroatischen Spezialeinheit zurückerobert werden konnte. Das Ganze war definitiv einer der Tropfen die das Fass zum Überlaufen brachte… Ok, kurzer geschichtlicher Exkurs und nun zurück zum Fußball. Die Gäste sind rein vom Papier die klaren Favoriten, rangieren sie auf dem zweiten Platz und liebäugeln mit einem Aufstieg in die zweite Liga. Aber diese Träume wurden am heutigen Tag zum Alptraum, denn Marsa konnte heute den Heimvorteil völlig ausnutzen und am Ende 3:1 gewinnen. Für diesen Acker war das wirklich ein ansehnliches Spiel. Auf den Rängen war natürlich nicht viel los, ein paar Schlachtrufe und Böller, mehr gabs nicht zu bewundern. Nach dem Abpfiff ging es nochmal auf einen Spaziergang durch die Stadt und nach dem ich mich mit Speis und Trank kräftigte, sollte mein Auto auch noch was abbekommen. Also angestellt an der Grenze und nach etwa einer viertel Stunde ging es dann auch relativ flott rüber. Schnell eine Tanke gesucht und für unglaubliche 80 Cent pro Liter dem Golf mal feinsten bosnischen Diesel gegönnt. Ihr ahnt es schon, die Geschichte muss noch einen Haken haben… und ja hatte sie auch. Als ich an der Tankstelle ankam, stellten sich zwei, nennen wir sie mal südländisch aussehende, Typen neben mein Auto und starrten mich kritisch an. Nach kurzen überlegen stieg ich dann doch selbstbewusst aus und fragte was los sei. Aber die Situation entspannte sich sofort, als einer der beiden sofort meinte, er kenne mein Kennzeichen und ob ich wirklich aus dem Ilm-Kreis komme. Er habe mal in Ilmenau studiert… am Ende quatschten wir dann fast 20 Minuten. Die beiden wollten eigentlich wieder nach Deutschland, aber sein Cousin hatte seinen Ausweis verloren und kam nicht mehr über die Grenze, deswegen lungerten sie jetzt dort rum und mussten auf den Schichtwechsel der Grenzer warten (dann würde es wohl auf einmal gehen..). Ok – warum auch nicht, verabschiedet, getankt und für mich sollte es wieder nach Osijek gehen, doch dann hatte ich es noch mit der berüchtigten bosnischen Polizei zu tun bekommen. Ein uralter Bockwurstbulle hatte mich rausgewunken und sofort zugelabert. Ich hab natürlich kein Wort verstanden und zum Glück kam kurze Zeit später meine neue Ilmenauer Bekanntschaft vorbei und schaltete sich sofort in die Situation ein. Von nun an redeten die beiden ununterbrochen, er sagte irgendwas von „Studentski“… beide lachten herzlich über mich und auf einmal war die Situation geklärt. Angeblich wäre ich über eine durchgezogene Linie gefahren und müsste 100 € (natürlich nur in bar) bezahlen. Wäre der Ilmenauer Kerl da nicht aufgetaucht, wäre mein Schnäppchenausflug nach Bosnien teuer geworden. Vielen Dank nochmal an dich Unbekannter! Übrigens das zweite Mal das jemand aus Ilmenau in meinem Auslandssemester auftaucht… und ich schimpfe als Arnstädter immer so sehr über das Bergvölkchen. Ich gelobe Besserung!

Ein Bild der Legija aus den 90er Jahren gegen Hajduk Split
Ein Bild der Legija aus den 90er Jahren gegen Hajduk Split

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