Stadion Grbavica in Sarajevo

FK Zeljeznicar Sarajevo Stadion Grbavica Manijak Ultras Wappen Logo

FK Zeljeznicar Sarajevo 1:0 NK Celik Zenica

03.12.2016 / Premijer Liga / 18. Spieltag /

Stadion Grbavica

Zuschauer: 5.500

Sarajevo - Bosnien & Herzegowina

Distanz: 78 km

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FK Zeljeznicar Sarajevo Stadion Grbavica
FK Zeljeznicar Sarajevo Stadion Grbavica

Mit dieser Terminierung hatte ich wirklich Glück, runden die Spiele von Željezničar und FK Sarajevo ein perfektes Wochenende in dieser spannenden Stadt ab. Den Anfang macht der Eisenbahnerverein aus dem Stadtteil Grbavica. Željo wurde 1921 von Mitarbeitern der Eisenbahngesellschaft gegründet und ist damit der zweitälteste Verein Bosniens. Zur jugoslawischen Zeit spielte der Club meistens erste Liga und konnte 1972 den Titel erringen. Damit zählt der Verein zu den acht Mannschaften, die zwischen 1945 und 1992 im ehemaligen Jugoslawien die Meisterschaft gewinnen konnten. Den größten internationalen Erfolg konnte die Mannschaft im Jahr 1985 unter Ivica Osim erzielen. Im UEFA-Cup schafften sie es bis zum Halbfinale, welches nur durch die Auswärtstorregel (das entscheidende Tor viel in der Nachspielzeit) gegen Videoton aus Ungarn verloren ging. Im Finale wartete kein geringerer als Real Madrid. Nach der Unabhängigkeitserklärung Bosniens stoppte natürlich der Fußball und dass ausgerechnet während eines Spiels gegen eine Belgrader Mannschaft. Am 05. April 1992 wurde das Spiel von Željo gegen FK Rad Belgrad nach 35 Minuten abgebrochen, als es außerhalb des Stadions zu einem Schusswechsel kam. An diesem Tag begann auch die 1425 tägige Belagerung Sarajevos. Da das Stadion direkt an der Frontlinie lag, verließ der Eisenbahnerverein als Erstes die Liga, nach nur 17 Spieltagen. Andere bosnische Vereine spielten tatsächlich noch mehrere Wochen gegen die anderen, meist serbischen Teams. 1995 endete der Krieg und der Spielbetrieb konnte wiederaufgenommen werden. Da die bosnische Liga natürlich um einiges schwächer ist, konnte Željo nach der Unabhängigkeit insgesamt sechs Meisterschaften, fünf Pokalsiege und drei Super-Cup Siege erzielen. Mit dieser Statistik zählen sie als bosnischer Rekordmeister. Die Heimat des Vereins ist das Stadion Grbavica im gleichnamigen Stadtteil. Während meines Besuchs befand sich die Gegengerade im Bau und wird an die Arenaartige, moderne Nordtribüne angeschlossen. Im Süden befindet sich ein großer, unüberdachter Stehplatzblock und im Westen die Haupttribüne, welche sehr klein ist und nur aus ein paar Sitzplatzreihen besteht. Dadurch, dass jede Tribüne anders gestaltet ist, wirkt das Teil schon sehr kultig. Alles andere als kultig war der Zustand des Stadions nach dem Krieg, denn wie bereits erwähnt kam es in diesem Gebiet zu den heftigsten Gefechten der Belagerung. Teil des Stadions ist auch eine alte Dampflok, die auf die Ursprünge des Vereins verweist. Die Gäste kamen heute aus dem knapp 70 km entfernten Zenica, der viertgrößten Stadt Bosniens. Ich bin einmal durch die Stadt mit dem Bus gefahren – Kohlenpott lässt grüßen. Leider ging auch hier die Wirtschaft allmählich den Bach runter und man hat heute mit der höchsten Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Gekämpft haben auch hier die Partisanen im zweiten Weltkrieg. Nachdem die Faschisten aus der Stadt vertrieben wurden, gründeten die Veteranen den Verein NK Čelik (dt. Stahl) Zenica. 1971 und 72 (Finale im eigenen Stadion gegen Florenz) konnte der Mitropapokal gewonnen werden, sowie drei Meisterschaften direkt nach der Unabhängigkeit. Mehr (internationale) Bekanntheit dürfte aber die Heimstätte von Čelik haben, da hier die bosnische Nationalmannschaft ihre Heimspiele austrägt. Da nun beide Vertreter der heutigen Partie bekannt sind, kommen wir zum Spiel. Hier durfte heute ein sehr spannendes Spiel zu erwarten sein. Beide Vereine müssen für die Entscheidungsrunden im Frühjahr noch fleißig Punkte sammeln, um ihre Ausgangssituationen zu stärken. Für Željo geht es um die Meisterschaft und bei Čelik um den Klassenerhalt. In Bosnien gibt es ebenfalls eine Play-Off, sowie Play-Out Runde am Ende der Saison. Das Spiel bot auch einen munteren Schlagabtausch auf den Platz, doch mit glücklicherem Ende für die Eisenbahner. In der 82. Minute schoss Markovič das entscheidende 1:0 und es folgte völlige Ekstase auf den Rängen und eine mehr minütige Jubelorgie auf dem Platz. Auch auf den Rängen erwartete mich heute ein spannendes Schauspiel, denn zwei der besten Fangruppierungen des Landes trafen aufeinander. Auf der Heimseite die „Manijaci“ (The Maniacs), welche sich 1987 gründeten. Die Geschichte ist ähnlich wie bei anderen exjugoslawischen Vereinen. Bereits Anfang der 70er Jahre folgten viele Fans ihren Klub durch das ganze Land und Schritt für Schritt folgte eine Gruppenorganisation. Neben den Manijaci wurden auch noch die zwei existierende Untergruppen Blue Tiger und Joint Union gegründet. Andere bedeutende Gruppen sind Vendetta und Urban Corps. Natürlich waren auch die Fans der blauen Eisenbahner in den Krieg involviert. Einer ihrer Gründer, Dževad Begić-Đilda, schrieb Geschichte. 1992 versuchte er mehrere Zivilisten zu retten, wurde bei diesem Versuch aber durch einen Scharfschützen erschossen. Er gilt in der Fanszene als Held und wird immer einen Platz in der Kurve haben. Im Jahr 2015 wurde Mirza Raščić mit nur 26 Jahren im Supporters Club, welcher sich direkt im Stadion befindet, erschossen. Er war Mitglied bei den Maniacs und galt als sehr fanatisch, da er sogar seinen Job für den Verein gekündigt hatte. Angeblich soll es um Drogengeschäfte gegangen sein, aber nichts rechtfertigt den Tod eines Menschen. Am heutigen Spieltag präsentierten sie ein großes Fronttransparent mit der Aufschrift „Maniac kann nicht jeder sein“. Dazu gab es drei-vier Bengalos. Der Stil der blauen gefällt mir ganz gut. Schlachtrufe wechseln sich mit melodischen Liedern ab und das alles in einer ordentlichen Lautstärke, nicht zu vergessen die gute Mitmachquote. Zu erwähnen ist noch ein Spruchband, auf dem „03.06.16 – 03.12.16 RIP Emir Semilovic“ stand. Mit zwei Bengalen verabschiedeten sie den kleinen Mann und zollten so der Familie viel Anerkennung und Kraft. Im Gästeblock fanden sich heute, mit etwa 20 Minuten Verspätung, die Robijasi 1988 Zenica ein. Robijasi steht für Häftlinge, was eine Anspielung auf ein bedeutendes Gefängnis in ihrer Stadt ist. Leider hat die Fanszene im Moment enorme Probleme, denn sie befinden sich seit 2015 im Boykott bei ihren Heimspielen. Der Protest richtet sich an die korrupte Vereinsführung, die durch ihre Machenschaften über 5 Millionen Euro Schulden verursacht haben. Als sei das nicht schlimm genug, wollen sie auch noch den Verein auflösen um ihre Schulden verschwinden lassen zu können. Es gab bereits eine Demonstration mit über 5000 Teilnehmern. Wie bereits erwähnt kam die Busladung etwas später an und legte dann aber mit lautstarken Schlachtrufen los. Ein bisschen Pöbeln mit dem Heimanhang durfte natürlich auch nicht fehlen. Leider nahm ich dann nicht viel wahr in Sachen Lautstärke und ärgerlicherweise schmiss der gut gepanzerte Sicherheitsdienst die Gäste 10 min vor Ende wieder raus. Das scheint in Bosnien also normal zu sein… [Nachtrag: Im Februar 2017 kam die erfreuliche Meldung, dass die Ultras ihren Boykott beendet haben und ihren Kampf gegen die Vereinsführung gewonnen haben. Zum ersten Spiel gegen Mostar am 25. Februar kamen über 8000 Zuschauer, was für bosnische Verhältnisse eine respektable Zahl ist. Die finanzielle und sportliche Lage bleibt zwar weiterhin sehr angespannt, aber es zeigt erneut, dass die Fans immer den längeren Atem haben als irgendwelche korrupten Vereinsmitarbeiter!]

 

FK Zeljeznicar Sarajevo Stadion Grbavica Manijak Ultras
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FK Zeljeznicar Sarajevo Stadion Grbavica Manijak Ultras Celik Zenica
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